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Frau guckt fragend und hält die Hände ratlos nach oben.

Mein Partner hört nicht zu. - Was wirklich dahintersteckt.

Wir alle kennen das Gefühl: Wir sprechen mit unserem Partner über etwas Wichtiges und haben das deutliche Gefühl, dass unsere Worte nicht ankommen. Die Zuschreibung „mein Partner hört nicht zu“ begegnet uns in der Beratung häufig. Doch was steckt dahinter? Haben wir nur den Eindruck, nicht gehört zu werden oder bekommt unser Partner tatsächlich nicht mit, was wir ihm sagen möchten? In diesem Beitrag wollen wir die Gründe und Hintergründe dieses Problems näher beleuchten und dir helfen, es besser zu verstehen.

Ablenkung von außen

Ständig am Smartphone

In unserer modernen Welt sind wir umgeben von Ablenkungen. Smartphones, Computer, Fernseher – all diese Geräte können dafür sorgen, dass unser Partner mit seinen Gedanken woanders ist, während wir sprechen. Kennst du das? Du erzählst von deinem Tag und bemerkst, dass dein Partner nur halbherzig nickt, während er auf sein Handy schaut? Du weißt, dein Partner hört nicht zu und vielleicht fühlst du dich jetzt sogar selbst ertappt. Wir alle sind täglich einer Flut von äußeren Reizen ausgesetzt, da kann es leicht passieren, dass der Fokus nicht eindeutig bei unserem Gesprächspartner ist. Sind wir von Außen abgelenkt, ist die Ursache für unsere Unaufmerksamkeit meist leicht zu erkennen.

Stress im Alltag

Nicht selten sind es weniger offensichtliche Stressfaktoren, die unser Zuhören beeinträchtigen. Wenn unser Partner gerade von einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommt, kann es sein, dass er gedanklich noch bei seinen Aufgaben ist. Im Vergleich zur Ablenkung durch ein Smartphone ist Grübelei schwerer zu erkennen. Wir bemerken die geistige Abwesenheit unseres Partners vielleicht an seinem Gesichtsausdruck, können aber den Grund nur vermuten. Dies kann ein Gefühl der Unsicherheit oder Ärger auslösen, je nachdem, wie du die Situation deutest. Wenn du zum Beispiel über die Urlaubsplanung sprechen möchtest, dein Partner aber noch über ein Meeting nachgrübelt, das nicht gut gelaufen ist, kannst du nur durch direktes Nachfragen erfahren, was in ihm gerade vorgeht – und das solltest du auch tun.

Unterschiedliche Kommunikationsstile

Laber-Rhabarber versus Schweigekloster

Jeder Mensch hat seinen eigenen Stil zu kommunizieren, und dieser Stil wird oft durch das Elternhaus und die Sozialisierung geprägt. Manche von uns wachsen in Familien auf, in denen ausführliche und detailreiche Erzählungen normal sind, während andere in Umgebungen aufwachsen, in denen Kommunikation kurz und prägnant gehalten wird. Diese unterschiedlichen Prägungen können zu Missverständnissen führen. Stell dir vor, du berichtest deinem Partner ausführlich über ein Gespräch mit einer Freundin, während er vielleicht nach der Kernbotschaft sucht und nicht weiß, wie er mit dem „Zu-Viel“ an Information umgehen soll. Durch diese unterschiedlichen Kommunikationsstile, die wir von klein auf gelernt haben, kann es zu Spannungen kommen, wenn wir nicht aufeinander eingehen.

Erwartest du sofortige Antworten?

Manchmal erwarten wir von unserem Partner, dass er sofort auf alles reagiert, was wir sagen. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass die Informationsverarbeitung mit der Funktionsweise des Nervensystems zu tun hat, das bei jedem anders eingestellt ist. Einige Menschen brauchen mehr Zeit, um Informationen zu verarbeiten und darauf zu antworten. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass sie komplexe Informationen zuerst ordnen und mit eigenen Erfahrungen abgleichen, um sie zu durchdringen. Wenn dein Partner eine Weile braucht, um zu reagieren, bedeutet das nicht unbedingt, dass er nicht zuhört – vielleicht denkt er nur länger nach.

Emotionale Blockaden

In vielen Beziehungen gibt es Tabu-Themen, die bewusst oder unbewusst vermieden werden. Diese Tabus sind oft mit starken Emotionen, unverarbeiteten Konflikten oder schmerzhaften Erinnerungen verbunden, die eine emotionale Blockade darstellen. Wenn eines dieser Themen angesprochen wird, kann es sein, dass dein Partner sofort abblockt oder nicht zuhört, um sich selbst zu schützen.

Gibt es ungelöste Konflikte?

Unverarbeitete Konflikte oder Verletzungen aus der Vergangenheit können dazu führen, dass unser Partner sich emotional zurückzieht. Wenn es ungelöste Streitpunkte gibt, kann dies das Zuhören erschweren. In der Paartherapie berichtete ein Paar zum Beispiel, dass es vor kurzem einen großen Streit über finanzielle Angelegenheiten hatte. Jetzt, wenn das Thema Geld erneut aufkommt, schaltet einer der Partner innerlich ab, weil die Emotionen noch nicht verarbeitet sind.

Fühlt sich dein Partner überfordert?

Wenn du merkst, dein Partner hört nicht zu, kann emotionale Überforderung kann ebenfalls eine Rolle spielen. Wenn unser Partner das Gefühl hat, dass die Menge an Informationen oder die emotionale Intensität des Gesprächs zu viel ist, kann er abschalten. Stell dir vor, du teilst deine Sorgen und Ängste in einem langen Monolog, und dein Partner fühlt sich überwältigt und weiß nicht, wie er reagieren soll.

Alte emotionale Wunden

Die Überforderung liegt manchmal tiefer und geht auf Erfahrungen aus der Kindheit oder anderen Lebensabschnitten zurück. Vielleicht hat dein Partner als Kind die Verantwortung für die Sorgen eines Elternteils übernommen und wurde in eine unzumutbare Rolle gedrängt, etwa durch eine Trennung oder Depression des Elternteils. Diese frühe Überforderung kann dazu führen, dass er heute in ähnlichen Situationen abwehrend reagiert. Das altbekannte Gefühl der Überforderung kommt wieder hoch, und um sich zu schützen, schaltet er ab und scheint nicht zuzuhören.

Nicht-funktionale Schutzmuster und Strategien

Wenn dein Partner sich als Kind in solch einer Lage befunden hat, und du ihm heute von deinen Sorgen oder Ängsten erzählst, kann es passieren, dass er die alten Gefühle wiedererlebt. Unbewusst wird die Situation als bedrohlich empfunden und drückt sich in einem inneren Erleben von wie „Oh nein, nicht schon wieder. Das wird sich schlecht für mich anfühlen.“ begleitet. Um sich vor der vermeintlichen Gefahr zu schützen, die er damals empfunden hat, macht er innerlich zu. Diese Schutzstrategie war im alten Kontext sinnvoll, um mit den Anforderungen und dem emotionalen Druck umzugehen, führt aber in der jetzigen Partnerschaft zu Problemen in der Kommunikation. Dein Partner will dich nicht bewusst zurückweisen, sondern schützt sich unbewusst vor einem überwältigenden Gefühl, das seine Bedrohlichkeit in einem anderen Kontext bekommen hat.

Die Dynamik eurer Partnerschaft

Bist du Verfolger oder Rückzügler?

In der Emotionsfokussierten Therapie (EFT) sprechen wir oft von einer Verfolger-Rückzügler-Dynamik. Diese Dynamik tritt häufig in Beziehungen auf, wenn einer der Partner (der Verfolger) häufiger nach Nähe und Kommunikation sucht, während der andere Partner (der Rückzügler) sich bei emotionalem Druck zurückzieht. Dies kann dazu führen, dass der Rückzügler nicht mehr richtig zuhört, weil er sich emotional überfordert fühlt.

Zuspitzung der Dynamik

Diese Dynamik kann sich im Laufe der Zeit zuspitzen. Der Verfolger fühlt sich allein und ihm fehlt die Verbindung, was dazu führt, dass er noch intensiver nach Nähe und Gesprächen sucht. Auf der anderen Seite fühlt sich der Rückzügler durch den zunehmenden Druck überwältigt und zieht sich noch weiter zurück. Dies kann einen Teufelskreis schaffen, in dem beide Partner zunehmend frustriert und unverstanden sind.

Ein Beispiel: Du möchtest ein wichtiges Problem besprechen und drängst auf ein Gespräch. Dein Partner zieht sich zurück, um Konflikte zu vermeiden und reagiert nicht auf deine Bemühungen. Je mehr du auf das Gespräch drängst und innerlich mit dem Gedanken ‚mein Partner hört nicht zu‘ beschäftigt bist, desto mehr zieht sich dein Partner zurück. In solchen Momenten scheint es, als ob dein Partner dir nicht zuhört oder dich nicht versteht, obwohl er in Wirklichkeit versucht, seine eigene emotionale Sicherheit zu schützen.

Mangelndes Interesse

Findet dein Partner das Thema uninteressant?

Es kann auch vorkommen, dass unser Partner schlichtweg nicht an dem interessiert ist, worüber ihr sprechen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass er uns nicht liebt oder schätzt, sondern vielleicht nur, dass das Thema für ihn keine Relevanz hat. Ein Beispiel: Du erzählst begeistert von einem Buch, das du gerade liest, aber dein Partner kann damit wenig anfangen und driftet gedanklich ab.

Hat sich das Interesse generell verringert?

Wenn das Interesse generell nachgelassen hat, kann das ein Zeichen für tiefergehende Probleme in der Beziehung sein. Es ist wichtig, solche Veränderungen frühzeitig zu erkennen und anzusprechen. Hast du das Gefühl, dass dein Partner sich immer weniger für dich und dein Leben interessiert? Dies kann auf eine beginnende Entfremdung hinweisen. Entfremdung in einer Beziehung bedeutet, dass die emotionale und geistige Verbindung zwischen den Partnern nachlässt. Ihr verbringt weniger Zeit miteinander, sprecht weniger über eure Gedanken und Gefühle und fühlt euch nicht mehr so eng verbunden wie früher.

In diesem Beitrag findest du mehr zum Thema „Entfremdung“.

Fragen, die du dir stellen kannst:

  • Ist dein Partner oft abgelenkt, wenn ihr sprecht?
  • Habt ihr unterschiedliche Kommunikationsstile, die zu Missverständnissen führen?
  • Gibt es emotionale Blockaden oder ungelöste Konflikte, die das Zuhören erschweren?
  • Ist das Thema, über das du sprichst, für deinen Partner uninteressant?
  • Erkennst du die Verfolger-Rückzügler-Dynamik in eurer Beziehung?
  • Hast du Anzeichen von Entfremdung bemerkt?

Abschlussgedanken

Es gibt viele Gründe, warum unser Partner uns nicht zuhört oder es zumindest so aussieht. Ablenkungen, unterschiedliche Kommunikationsstile, emotionale Blockaden und mangelndes Interesse können alle eine Rolle spielen. Indem wir diese Gründe verstehen, können wir besser darauf reagieren und die Kommunikation in unserer Beziehung verbessern. Vielleicht seid ihr als Paar auch in einer Verfolger-Rückzügler-Dynamik gefangen, in der das Verhalten beider dazu beiträgt, dass ein Partner nicht mehr „ansprechbar“ ist. 

Wenn du den Eindruck hast, gar nicht mehr zu deinem Partner durchzudringen, kann eine Paartherapie helfen, die Gründe zu verstehen und wieder mehr Verbindung zu schaffen.